a. Floristische Aufnahme der aufzuwertenden Fläche durch einen Botaniker (Artenliste mit Häufigkeit der Arten: Z. B. 5 x 1 m2 Plots plus Zusatzarten auf der ganzen Fläche). Falls die Wiese sehr heterogen ist (z. B. trockene Böschung und feuchter Hangfuss), wird die Wiese in unterschiedliche Teilflächen aufgeteilt. Ausserdem werden die Standortfaktoren aufgenommen (Koordinaten, H.ü.M., Exposition und Geländeneigung, Strukturen, atmosphärischer Stickstoffeintrag).
b. Report beim Bewirtschafter bezüglich der bisherigen Bewirtschaftung. Allenfalls Absprache ob Änderungen möglich sind. Z. B. Schnitthöhe auf 10 cm erhöhen, Staffelmahd, Altgrasstreifen, Strukturen, vorhandene Drainagen und Vernässungspotential klären, eingesetztes Mähwerk (idealerweise Messerbalken), möglichst leichtes Fahrzeug, Bereifung (möglichst schmal) etc.
c. Für jede Fläche oder Teilfläche wird anhand der Artenliste eine Zeigerwertanalyse erstellt.
d. Anhand der Artenliste, der Zeigerwertanalyse und der (angepassten) Bewirtschaftung wird eine individuelle Samenmischung zusammengestellt mit ca. 10-15 Arten. Somit ist es möglich zum gleichen Preis von handelsüblichen Samenmischungen deutlich mehr Gramm Saatgut pro Pflanzenart und Quadratmeter auszubringen. Beides fördert die Etablierung der eingebrachten Arten deutlich.
e. Vorarbeiten:
Bei sehr artenarmen Wiese wird
im Vorjahr (resp. besser in den Vorjahren) nicht gedüngt, evtl. etwas häufiger
geschnitten (Ausmagerung nur falls sinnvoll -> siehe oben) und die
Schnitthöhe auf 10 cm eingestellt. Letzteres bewirkt einen Konkurrenzvorteil
für horstig wachsende (Gras-)Arten gegenüber den kriechenden,
ausläuferbildenden Arten. Dies führt zu einer lückigeren Grasnarbe in der die
neu eingebrachten Samen eine Lücke finden können. Bei Wiesen mit einem gewissen
noch vorhandenen Artenreichtum wird auf eine Aushagerung verzichtet.
f.
Die Wiese wird
ab dem Herbst oder spätestens im März vor der Einsaat gestriegelt mit einer
Wiesenegge. Sollte der Hang oder die Böschung zu steil sein für den Striegel, sollte mit einem Bandheuer oder allenfalls von Hand bei kleineren Flächen den Grasfilz soweit wie möglich entfernt werden.
g. Das Saatgut wird bei einem Hersteller bestellt, der möglichst regionale oder zumindest CH-Ökotypen verwendet (zurzeit UFA-Samen).
h. Das Saatgut wird im März bis Anfangs
April auf der Wiese ausgebracht und (falls vom Gefälle möglich) angewalzt.
i. Die Wiese wird sobald sie ca. 25 cm hoch ist mit dem Balkenmäher erstmals geschnitten. Die Schnitthöhe beträgt 8 cm. Das Schnittgut bleibt als Mulchschicht liegen und schützt die Keimlinge vor dem Vertrocknen durch ein feuchtwarmes Mikroklima. Der Schnitt verhindert die zu starke Beschattung der Keimlinge durch den raschen und starken Aufwuchs der etablierten Arten. Die Mulchschicht unterdrückt zudem die etablierten Arten und verschafft den Keimlingen so bessere Chancen sich durchzusetzen. Evtl. macht es Sinn zu diesem Zeitpunkt Schneckenkorn zu streuen. Auf bestehenden BFF-Wiesen muss für diesen Schnitt vom Landwirt eine Bewilligung beim Strickhof eingeholt werden.
j. Die Wiese wird im Jahr der Ansaat stets gemäht, wenn sie höher als 30 cm aufwächst. Damit wird die zu starke Beschattung der Keimlinge/Jungpflanzen verhindert. Je nach Wüchsigkeit der Wiese kann die Anzahl Schnitte variieren. Evtl. kann eine zweite Gabe Schneckenkorn erfolgen. Der zweite Schnitt erfolgt in der Regel nach dem 16. Juni und danach fortlaufend.
k. Nährstoffreiche Wiesen werden in den folgenden Jahren jeweils Anfang April, Mitte Juli (Bodenheu) und Ende September geschnitten. Der Aprilschnitt benötigt jedoch einen Spezialbewilligung vom Strickhof. Nährstoffarme Wiesen werden Mitte Juni und Ende August geschnitten.
l.
Der Vorgang sollte nach 3
Jahren kontrolliert und falls möglich/notwendig wiederholt werden, um weitere Arten in
der Wiese zu etablieren.
Die Anwendung ist auch im steilen und
kupierten Gelände möglich z. B. an (Eisenbahn-) Böschungen. Der
Bewirtschafter wird eng eingebunden und erhält eine fundierte Beratung zu den
Wirkmechanismen, zur Umsetzung und der späteren Pflege.
Individuelle Samenmischungen führen zu einer grossen Erfolgschance, so dass die eingesäten Arten sich auch tatsächlich etablieren können. Es werden weniger Arten, dafür lokal passende eingesät und diese mit mehr Samen pro Quadratmeter. Dadurch entsprechen die Kosten für das Saatgut einer Neuansaat und Mehrkosten werden vermieden. Die Pflanzen haben eine hohe Chance, sich auch tatsächlich zu etablieren.
Die individuellen Samenmischungen helfen, dass nicht einheimische Arten wie Glatthafer, Esparsette oder Luzerne nicht in die Flächen gelangen. Diese sind leider in vielen handelsüblichen Samenmischungen enthalten. Zudem können Arten, die ökologisch wertvoll, jedoch futterbaulich nicht interessant sind und in den meisten Samenmischungen fehlen gezielt eingebracht werden (wie etwa Sauerampfer (Schmetterlinge), Klappertopf (Laufkäfer) und Wiesenbärenklau (Käfer)).
Wie jede Methode zur Aufwertung
von Blumenwiesen ist auch diese Methode mit einem Arbeitsaufwand zu Lasten des
Landwirtes verbunden. Der Aufwand ist jedoch geringer als bei anderen Verfahren
wie Mähgutübertragung und Neuansaat, welche mehr Arbeitsgänge erfordern.
Es entstehen finanzielle Kosten für das Saatgut und die Leistungen der crea Natura GmbH infolge der botanischen Erhebungen und der individuellen Zusammenstellung der Samenmischungen.
Zusammenfassung der Erfahrungen der letzten Jahre:
1. Übersaaten gelten in der landläufigen Fachmeinung als ungeeignet um Mähwiesen floristisch aufzuwerten.
2. In bisherigen Studien fehlen jedoch häufig Angaben zum Ausgangszustand, Schnitthöhen, Zusammensetzung und Menge der eingebrachten Samen, Saatzeitpunkte und Witterungsverlauf, atmosphärischer Stickstoffeintrag, Bodeneigenschaften etc. Daher ist es oft schwierig abzuschätzen, ob ein Misserfolg generell zu verstehen ist, oder nur das Resultat einer nicht optimalen Umsetzung der Übersaat war.
3. Jede Wiese ist anders bezüglich der Standortfaktoren: Höhe über Meer (Temperaturverläufe, Schneedecke etc.), Exposition (Anzahl Sonnenstunden), Neigung (Wasserabfluss, Erosion etc.), Verschattung (Waldrand, Hügel etc.), pH-Wert, Nährstoffe (va. N aber auch P und K), atmosphärischer Stickstoffeintrag, Bodenart, Bodengründigkeit, Bodenluft, (pflanzenverfügbares) Wasser, Vernässung etc.
4. Die Pflanzengesellschaft ist auf jeder Wiese anders und ist das Resultat der obengenannten Faktoren in Kombination mit der Bewirtschaftungsmethodik.
5. Bezüglich der Bewirtschaftungsmethodik sind von Interesse im Hinblick auf die Wiesenflora und -fauna: Schnittzeitpunkte, Schnitthäufigkeit, Schnitthöhe, Mähwerk (Messerbalken, Schlegelmähwerk, Mähdrescher etc.), Anzahl Arbeitsdurchgänge pro Schnitt (Mähen, 1-2 x Zetten, Schwaden, Aufladen), überfahrene Fläche pro Schnitt (resp. Breite der Bereifung), Bodenverdichtung durch Fahrzeuggewicht, Altgrasstreifen, Staffelmahd, Strukturen (Mikrorelief, Gebüsch, Bäume, Felsen etc.).
6. Eine Bewirtschaftung, die zu grossen Schäden an der Wiesenfauna führt, bewirkt unter Umständen eine andere floristische Ausprägung. Z. B. wenn Laufkäfer fehlen, können sich Schnecken leichter vermehren und gewisse Pflanzenarten können evtl. verschwinden (z. B. Salvia pratensis).
7. Im Handel erhältliche Samenmischungen, selbst wenn regionale Ökotypen eingesetzt werden, können den einzelnen Standorten niemals gerecht werden. Ein Grossteil der Arten in diesem relativ teuren Saatgut kann sich nicht entwickeln, oder die neu aufgekommen Arten können sich nicht am Standort halten und fallen einige Jahre später wieder aus. Dies ist auch häufig bei Neuansaaten auf Ackerböden zu beobachten: Nach 3-4 Jahren erreichen diese Wiesen häufig ein Maximum bezüglich floristischer Artenvielfalt, danach fallen aber immer mehr Arten wieder aus und nach 10 Jahren verbleiben oft nur einige dominaten (Gras-)Arten mit wenigen Kräutern (siehe auch Studie von Koch 2001).
8. Bei einer Übersaat zur floristischen Aufwertung einer Blumenwiese muss die Samenmischung sowohl den Standortfaktoren, der vorhandenen Artengemeinschaft, als auch der Bewirtschaftung individuell angepasst werden. Allenfalls muss/kann/sollte auch die Bewirtschaftung angepasst werden. Die Standortfaktoren lassen sich überhaupt nicht (Höhe über Meer, Exposition, etc.) oder nur mit erheblichem Aufwand verändern (Nährstoffe, Bodenluft, Feuchtigkeit). Dies kann sich aber durchaus lohnen z. B. wenn Wiesen vernässt werden können als Pfeiffengraswiesen oder als Wässermatten. Der Nährstoffaustrag durch häufiges Mähen ist ein sehr langwieriges Unternehmen und nur sinnvoll, wenn die atmosphärischen Stickstoffeinträge unter ca. 20 kg/ha/a sind.
9. Bester Aussaat Zeitpunkt scheint der Monat März zu sein. Dies aus folgenden Gründen: Die getrockneten Samen brauchen ca. 2 Wochen Zeit zum Quellen bevor sie dann im April auskeimen können. Die Schneckenfauna ist so früh im Jahr noch nicht so aktiv und die Keimlinge haben eine Chance sich zu entwickeln.
Das Verfahren steckt zurzeit noch in den Kinderschuhen. Erste Erfolge stimmen uns nach einigen Rückschlägen aber hoffnungsvoll, dass dieses schonende Verfahren ein grosser Erfolg werden könnte. Wir werden darum bei Stiftungen unser Projekt vorstellen um das Verfahren mit Tests noch weiter verbessern zu können. Nachfolgend sind zurzeit Offene Fragen aufgelistet, die wir gerne weiter bearbeiten möchten.
Offene Fragen:
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